Frühlingsgefühle

Die Brutsaison ist nun Ende Juni schon stark vorangeschritten und bei manchen Arten sogar auch schon zu Ende. Überall zwitschert es in vollen Tönen, hier und da erkunden Jungvögel die Welt und Eltern-Tiere legen sich ins Zeug, um alle Familienmitglieder satt zu bekommen.

Auch wenn es streng genommen kein Frühling mehr ist, heißt das ja nicht, dass die Frühlingsgefühle nachlassen müssen. Denn gerade bei Singvögeln kommt es öfters vor, dass mehrere Bruten im Jahr durchgeführt werden.

Und so wurde ich Anfang Juni (ok, da war noch Frühling…), während ich eine Rauchschwalbe beim intensiven Putzen beobachtete, unerwartet Zeuge wie ein Rauchschwalben-Männchen seinem Gefühl Ausdruck verlieh 😉

Nun wusste ich, dass das beobachtete Individuum, was sich wirklich extrem ausgiebig geputzt hatte, ein Weibchen war. Aber vorher beim Putzen zeigte sich noch ein weiteres Indiz (Erklärung s. u.): ein schöner Brutfleck. Eine federfreie Partie an der Bauchseite, die beim Brüten die Körperwärme besser an die Eier abgeben soll. Das hieß die Rauchschwalben-Dame hatte bereits gebrütet und diese Kopulation war die Einleitung zur Zweitbrut. Auch das Zeitfenster Anfang Juni passte dazu.

Rauchschwalben haben in Mittel- und Westeuropa mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 – 90 % auch Zweitbruten und in seltenen Fällen auch Drittbruten /1/. Das hängt natürlich stark von den Witterungsbedingungen und dem Nahrungsangebot ab, aber interessanterweise auch vom Alter des Weibchens /1/. Vielleicht ist das eine Frage der Erfahrung.

Im Übrigen brüten nur die weiblichen Rauchschwalben die Eier aus /1/. Das bedeutet, wer eine Rauchschwalbe mit Brutfleck entdeckt, kann sicher sein, dass es ein Weibchen ist. Dafür hilft das Männchen dann tatkräftig beim Füttern der Jungen.


/1/ Bauer, H.-G., Bezzel, E., Fiedler, W. (2012): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas, ein umfassendes Handbuch zu Biologie, Gefährdung und Schutz. – Sonderausgabe in einem Band, 808 + 622 S., AULA-Verlag, Wiebelsheim.