Ende Oktober 2024 konnte ich in meinem Garten wie schon öfters einen Buntspecht im Kirschbaum beobachten. Es war ein Weibchen, da es keine rote Zeichnung am Hinterkopf hatte. Der Kirschbaum selbst ist ein ca. 5 – 6 m hohes uraltes Ding mit einem offenen, hohlen Hauptstamm, der einen unglaublichen Umfang von 1,5 m misst. Wenn die hohle Stelle nicht so weit unten am Stamm wäre, würden hier wahrscheinlich auch noch irgendwann Fledermäuse drinnen wohnen. Nun, man kann sich denken worauf das hinaus läuft. Da sich die Baumpflege bei diesem monströsen Rosengewächs etwas schwierig gestaltet, verbleibt der eine oder andere nicht mehr so gesunde Ast am Baum. Die Spechte freut es. Und so hacken sie mit ihren kräftigen Schnäbeln munter auf die kranken und abgestorbenen Äste ein.
Bei dieser speziellen Beobachtung saß ich schräg darunter und konnte bereits bewaffnet mit einem Fernglas den Vogel aus nächster Nähe beobachten. So nah, dass, wenn ich hindurchschaute, sein Körper das ganze Blickfeld ausfüllte. Wirklich sehr hübsch anzuschauen, einen Vogel so aus nächster Nähe zu betrachten, einzelne Federn ausmachen zu können und in die süßen dunklen Knopfaugen zu schauen. Man könnte meinen, dass es eine recht unspektakuläre Beobachtung ist. Jeder hat schon mal einen Specht gesehen und vermutlich auch schon beim Rumhacken beobachtet. Aber habt ihr euch auch schon mal die Zeit genommen, ihn ausgiebiger zu beobachten?
Was mich nun an dieser Beobachtung so faszinierte, war der Umstand, dass er mit einer wahren Inbrunst auf die Rinde einhämmerte, um an die leckeren Insektenlarven zu kommen. Er bewegte nicht spielzeugartig seinen Kopf wie mit einem Scharnier an der Schulter stoisch vor und zurück, sondern setzte wirklich seinen ganzen Körper ein. Er probierte verschiedene Richtungen aus, mal halb von rechts, mal halb von links. Und manchmal streckte er sich richtig lang und holte quasi mit allem, was seine Körperlänge hergab, aus. Wie jemand, der beim Holzhacken seinen ganzen Körper, die Arme und die Axt richtig weit ausholt, um dann mit aller Kraft einzuschlagen.
Wissen
Nun, man kann sich leicht vorstellen, dass der Specht mit so einem Körpereinsatz nicht nur viel Kraft austeilt, sondern auch viel einstecken muss, wenn sein Schnabel auf einen harten Ast aufschlägt. Damit der Kopf von einem Specht diese enormen Schlagkräfte aushalten kann, ist er durch spezielle erschütterungsdämpfende Gewebe und Strukturen angepasst. Allerdings müssen die verschiedenen Klopfarten unterschieden werden. Es gibt zum einen das Meißeln oder Zerspanen, um an Nahrung zu gelangen (was hier in diesem Beitrag der Fall war). Und dann gibt es zur Balz noch das hochfrequente Trommeln, was jeder schon einmal gehört hat. Dabei wird mit einer wesentlich höheren Geschwindigkeit als bei der Nahrungssuche einfach nur auf den Ast bzw. Stamm getrommelt. Es dient lediglich dazu das Revier zu markieren sowie Weibchen anzulocken. Beim Trommeln ist die Bewegung dann auch geradlinig, damit die Schläge durch Verhinderung von Scherkräften besser ausgehalten werden können.