Geisterstadt der Vögel

An einem strahlendblauen Wintertag bei einem ersten Frühlingseinbruch Mitte/Ende Januar ging ich um die frühe Nachmittagszeit an meinem Lieblingsteich spazieren. Es waren angenehme 12 °C Lufttemperatur, aber der Boden war noch frostig. Es lag noch zur Hälfte Schnee auf den Feldern und Eis im Schatten der Bäume. Das wenige Wasser der offenen Teichfläche, war gefroren. Nur ein paar einzelne eisfreie breite Rinnsale unterbrachen am Rande die Eisdecke.

Ich dachte mir, bei diesen Temperaturen wird sicherlich ein großes Frühlingserwachen in der Vogelwelt losgegangen sein und es an jeder Ecke zwitschern. In den Tagen zuvor war es ebenfalls sonnig gewesen und man konnte bereits die ersten Balzgesänge der Meisen hören.

Den Anfang meiner Runde bildete eine Ecke mit vielen verschiedenhohen Bäumen, einem kleinen (leider begradigten) Bachlauf und viel Buschwerk. Ideal für viele Arten von Singvögeln. Doch nichts war zu hören. Also Autos in der Ferne und das Rauschen und Rascheln des Windes in den Ästen schon, aber keine Vögel. Ich setzte mich auf die einzige Bank dort. Manchmal muss man auch einfach mal ein wenig inne halten, um das Unscheinbare wahrzunehmen. Ich ließ die Szenerie auf mich wirken und genoss die milde Frühlingsluft. Die wärmenden Sonnenstrahlen machten es zu einem perfekten Frühlingstag. Naja, wenn Frühling wäre. Minutenlang saß ich so da, doch nichts kam vorbei geflattert. Nichts zirpte und bewegte sich im Geäst, auch nichts im vertrockneten Schilf. Nun, ich dachte mir, vielleicht haben sie sich an die andere Seite des Teiches verkrochen. Ich umrundete den Teich und hörte immer noch nichts. Es war wie ausgestorben. Ich glaubte mal in der Ferne ein Meisengezwitscher zu hören, aber das kann auch bei den nahen Häusern gewesen sein. Zumindest waren bei den Kanarienvögeln in einer Außenvoliere in einer der Häuser hier jedenfalls die Frühlingsgefühle schon ausgebrochen.

Hm, das war echt merkwürdig. Die Sonne schien, frühlingshaftes Wetter und … kein (Wild-)Vogel! Das gibt’s doch nicht. Ich konnte nicht einen einzigen Vogel auf oder am Teich oder in der Vegetation der nahen Umgebung ausmachen. Hatten die alle die Vogelgrippe? Machten die Mittagsschlaf? Diese Gegend, die vielen Vögeln ein Zuhause bieten kann und das Jahr über auch bietet, war wie eine Stadt für Vögel. Nur diesmal ohne Vögel. Wie leergefegt. Eine Geisterstadt quasi…

Man könnte sich jetzt fragen: Und warum erzähle ich sowas? Will ich meine Leser zu Tode langweilen? Nichts gesehen zu haben, klingt irgendwie nach „Thema verfehlt“ auf einer Seite bei der es um interessante Vogelbeobachtungen gehen soll. In einem Deutschaufsatz würde man dafür vermutlich eine 6 kassieren, oder 5 wenn der Schreibstil und die Rechtschreibung überzeugt.

Was ich damit zeigen möchte, ist, dass Vogelbeobachtung als erstes heißt, sich in Geduld zu üben. Es wird immer wieder Tage geben, wo es mau aussieht. Entweder sind die Vögel zu weit weg, auf Grund ungünstiger Lichtverhältnisse oder Blickwinkel schlecht zu erkennen, es ist zu wenig los oder sie sind wie in diesem Falle gar nicht erst da. Oder das Wetter macht es zu einem unangenehmen Ausflug mit Regen, Wind oder Kälte, so dass man schnell die Lust daran verlieren kann. Gerade Einsteiger könnten durch solche Flauten die Freude am Hobby verlieren und es letztlich aufgeben. Doch, wenn man sich bewusst macht, dass es eben kein Hobby mit Dauerbespaßung ist, dann geht man auch mit einer anderen Erwartungshaltung heran. Und das Coole daran ist, wenn man nach einer Flaute dann eine unerwartet tolle Begegnung hat, fühlt sich diese dann umso schöner an!

Nichtsdestotrotz kann man sich überlegen, warum es mal nicht so gut gelaufen ist und dann bei der nächsten geplanten Tour darauf achten. Hier mal eine Checkliste von verschiedenen Faktoren, die die Anwesenheit von Vögeln beeinflussen können.